Johann Gerhard Rodenbrock



Johann Gerhard Rodenbrock und seine Stiftung


Wo heute in Buer die Rodenbrockstraße verläuft, war vor etwa 140 Jahren im sogenannten „Holzkamp“ ein beiderseits mit uralten Eichen bestandener Weg. Aufzeichnungen von damals bekunden, dass hier an Sonntagen „die Honoratioren von Buer promenierten und sich ein Stelldichein gaben“. 1896 entstand hier das erste Haus, später baute der Fleischwarenfabrikant Kamping elf Häuser für seine Arbeiter an dieser neuen Straße und gab ihr 1901 auch den Namen.
Wer war nun Rodenbrock?
Kirchenbücher und Protokolle vom „Guten Montag“ beweisen, dass die Familie wenigstens seit Anfang des 18. Jahrhunderts in Buer lebte. 1706 zahlte ein Rodenbrock für die Bürgerschaftsrechte seiner Frau, 1707/08 starben hier drei Angehörige dieser Familie. Der Großvater „unseres Johann Gerhard“, Johann Heinrich Rodenbrock, heiratete 1709 in Buer eine Maria Clara Rolf. In dieser Ehe wurde 1712 sein Vater Johann David geboren, der 1733 eine Anna Catharina Fiedeldey heiratete. Aus dieser Verbindung ging 1734 Johann Gerhard hervor. Seine Ehe mit Catharina Marie Schmieding aus Bünde blieb kinderlos. Nach ihnen ist kein Rodenbrock mehr in Buer ansässig gewesen.
Die Familie wohnte zuletzt im Haus Nr. 35, heute Kampingring Nr. 2, östlich der Apotheke. Es wurde 1695 von Henricus Börner, genannt Spelmeyer, gebaut, dem die Gemeinde dafür „auf dem Tie“ einen Bauplatz überließ. Es ist heute das zweitälteste Haus in Buer. Spelmeyer ist nach Amerika ausgewandert. Wann die Familie Rodenbrock das Anwesen erwarb, konnte nicht festgestellt werden, 1767 jedenfalls gehörte es Johann Gerhard Rodenbrock, er baute damals eine „kleine Stube“ an.
Er war für unser Kirchspiel ein bedeutender Mann. In den meisten Bauerschaftsprotokollen taucht sein Name auf; wir wissen, dass er heimischen Bauern Geld vorschoss, damit sie sich von ihren Grundherren freikaufen konnten. Ab 1796 war er Gildemeister, d. H. Kassenführer der Gemeinde.
Er betrieb einen ausgedehnten Garn- und Leinsamenhandel. Bevorzugt wurde damals Saatgut aus dem Baltikum, das man über Bremen einführte. Im Frühling eines Jahres, so wird berichtet, wartete Rodenbrock mit anderen Händlern im Hafen auf eine Ladung aus Riga. Das Schiff verspätete sich aber so sehr, dass die meisten Käufer wieder abreisten – nur Rodenbrock blieb. Als dann schließlich das Schiff eintraf, soll er zu sehr günstigen Bedingungen die ganze Fracht gekauft und daran später viel verdient haben. Vielleicht hat er damit den Grundstock für seinen Wohlstand gelegt.
Die Eheleute Rodenbrock sollen sehr bescheiden gelebt und nur das Nötigste für sich in Anspruch genommen haben. Am 22. Februar 1809 errichteten sie ein wechselseitiges Testament, auf Grund dessen, nach Abzug gewisser Vermächtnisse, das ganze übrige Vermögen nach dem Tode des Letztlebenden den Armen des Kirchspiels Buer zufallen sollte.
Johann Gerhard Rodenbrock starb am 29. März 1809. Als seine Witwe 1823 gestorben war, wurde für das Vermögen eine ordentliche Administration eingesetzt.
Über die Verwendung der Mittel mögen einige Angaben aus dem Jahre 1850 Aufschluss geben:
Das Kapital selbst wurde nicht angegriffen, zur Verteilung an die Armen kamen nur die Zinsen.
Für das Kirchspiel gründete man eine Armenkommission, zu der die beiden Prediger, der jeweilige Administrator, die Kirchenvorsteher und gewählte „Armenväter“ gehörten. In jeder Bauerschaft hatten mindestens zwei gewählte Eingesessene darüber zu wachen, dass die Mittel, die entsprechend dem Steueraufkommen zugeteilt wurden, u. a. für folgende Zwecke Verwendung fanden:
Zur Beobdachung solcher Familien, die nicht in der Lage waren, selbst eine Wohnung anzumieten,
zur Unterhaltung aller in der Bauerschaft wohnenden verarmten Familien und Einzelpersonen
zur Unterbringung altersschwacher und körperlich gebrechlicher Personen sowie Waisenkinder in anderen Familien, sofern sie trotz Unterstützung nicht für sich selbst sorgen konnten,
zur Bekleidung von Waisenkindern, besonders anlässlich der Konfirmation und bei der Ausstattung für die Lehrzeit,
zur Bezahlung von Schulgeld und Schulbüchern für Waisenkinder
zur Bezahlung von Arztkosten und Arzneimittelrechnungen sowie zur Aufbringung der Kosten bei Anstaltsaufenthalt für Taubstumme und Geisteskranke.
Auch der Unterhalt für die Insassen des Armenhauses auf der Suttheide wurde weitgehend aus der Rodenbrockschen Stiftung bestritten.
1850 betrug das Gesamtkapital 30.307 Taler, nach Abzug der Verwaltungsgebühren warf es 1.150 Taler Zinsen ab. Inflation und Währungsreform nach beiden Weltkriegen haben das Kapital derart schrumpfen lassen, dass es praktisch bedeutungslos wurde. In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Rodenbrocksche Stiftung in einer Samtgemeinderatssitzung offiziell aufgelöst.